Sommerforum Medienkompetenz 2014
Am 5. Juni 2014 hat im MIZ-Babelsberg das Sommerforum Medienkompetenz stattgefunden, das die mabb seit 2012 gemeinsam mit der FSF veranstaltet.
In diesem Jahr diskutierten Praktiker und Wissenschaftler aus dem Medienbildungsbereich die Verhandlung von Vorurteilen durch die Medien.
Die Keynote „Kleine Einführung in das Schubladendenken“ hielt Prof. Dr. Jens Förster.
Anschließend wurde in praxisnahen Workshops die ambivalente Rolle von Vorurteilen in und für die Medien beleuchtet und es wurden Handlungsoptionen aufgezeigt. Zum Abschluss diskutierten Publikum und Workshop-Leitung die Workshop-Ergebnisse.
Workshop A: Klischee als Welt und Vorstellung
Eine praktische Übung zur Bedeutung von Klischees fürs Storytelling
Dr. Werner C. Barg, herzfeld productions
Klischees bündeln Erwartungshaltungen. Erwartungshaltungen speisen sich aus Erfahrungen und Vor-Urteilen. Gesellschaftlich geprägte und politisch geschürte Vor-Urteile etwa zu spezifischen Bevölkerungsgruppen in der filmischen Erzählung oder Dokumentation bloß zu bestätigen oder sogar zu steigern – wie dies in den antisemitischen Hetzfilmen der Nazis geschah – ist ein Verbrechen. Mit Vor-Urteilen narrativ zu spielen, sie in filmische Klischees zu verpacken, um sie schließlich kritisch zu hinterfragen, womöglich sogar zu brechen, ist wichtiger Teil filmischer Erzählkunst. Sich an ihr in einer praktischen Übung auszuprobieren, ist Aufgabe der Teilnehmer/-innen in diesem Workshop. Nach einer kurzen Einführung werden kurze Sequenzen gezeigt, in denen verschiedene Personen zu sehen sind. Jeder Betrachter macht sich so seine Vorstellungen, eben seine Vor-Urteile von den Personen. In einer ersten praktischen Arbeitsphase formulieren die Teilnehmer/-innen ihre Mutmaßungen in Form kurzer Personenbeschreibungen. Diese „Klischeeschablonen" dienen als Grundlage für den zweiten Arbeitsschritt: Jede/r wählt mindestens zwei der fiktiv vorgestellten Personen aus und erfindet zu ihnen eine fiktive Welt: eine kurze Story oder eine dramatische Situation (1. Begegnung, Streit etc.), in der die Figuren nicht so handeln, wie es das „Klischee" von ihnen erwarten lässt. Ziel des Workshops ist es, sich in einer praktischen Schreibübung über eigene Vor-Urteile bewusst zu werden, und sie für den kreativen Prozess des Storytelling nutzbar zu machen.
Dr. Werner C. Barg ist Autor, Produzent, Filmjournalist und Regisseur von Film- und Videoproduktionen. Er war fast 20 Jahre in der theoretischen wie praktischen Filmausbildung an deutschen Hochschulen tätig, zuletzt von 1998 bis 2007 Studienleiter der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) – und hat zahlreiche Dokumentationen und mehr als 20 Spielfilme von Absolventen für Kino und TV dramaturgisch und z.T. auch als Koproduzent. Derzeitige Lehraufträge bekleidet er an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf" (HFF) und am Halleschen Institut für Medien (HIM) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2011 gründeten Barg und die Opal Filmproduktion GmbH (Alexander von Hohenthal) gemeinsam die herzfeld productions, um u.a. und insbesondere im Bereich der Produktion von Debütfilmen, besonderen Kino- und Arthousefilmen, aber auch von Dokumentationen und historischen Doku-Drama-Formaten zusammenzuarbeiten.
Die Ergebnis-Präsentation des Workshops finden Sie hier.
Workshop B: "Spaß trotz Rollstuhl?!"
Über Menschen mit Behinderung berichten
Lilian Masuhr, SOZIALHELDEN
Im Workshop von Leidmedien.de der SOZIALHELDEN werden wir die Darstellung von behinderten Menschen in den Medien diskutieren: Welche Begriffe sind eher Floskeln? Wie könnten neue Perspektiven in Fotografie und Fernsehen aussehen? In Gruppenarbeit werden aktuelle Medienbeispiele untersucht und neue Formatkonzepte über Menschen mit Behinderungen (Hörfunk, TV, Print) entworfen. Außerdem klären wir Fragen zu barrierefreier Kommunikation, vom Interview bis zur Medienproduktion.
Lilian Masuhr ist Journalistin für Onlinemedien und Radio in Berlin. Bei den SOZIALHELDEN ist sie vor allem Leiterin des Projekts Leidmedien.de. Neben dem Studium der Kulturwissenschaft und Französischen Philologie an der Universität Potsdam hat sie lange beim Jugendsender Fritz gearbeitet. Außerdem organisiert sie Medientraining-Workshops und moderiert Podiumsdiskussionen über digitale Kultur und sozialen Journalismus.
Workshop C: Vor-Urteile im TV
Die ambivalente Funktion des Fernsehens bei der Entwicklung von Ressentiments
Claudia Mikat und Christina Heinen, FSF
Das Fernsehen arbeitet mit Stereotypen – Geschlechterklischees, Bilder klauender „Zigeuner" und sich prostituierender „osteuropäischer Frauen", überdrehter „Tunten", arbeitsscheuer Hartz-IV-Empfänger – und reproduziert damit soziale Stigmata. Gleichzeitig werden Klischees und Vorurteile aber auch – teilweise beabsichtigt, teilweise unbeabsichtigt – zur Diskussion gestellt und gebrochen. Unter welchen Voraussetzungen wirkt die Darstellung und Thematisierung von Klischees auf Kinder und Jugendliche vorurteilsbildend? Und inwieweit kann sie zu Abgrenzung führen und ein Bewusstsein für Diskriminierung fördern? Dies soll anhand von Beispielen aktueller Castingshows, Reportagen und Comedies diskutiert werden.
Claudia Mikat studierte Erziehungswissenschaften/Freizeit- und Medienpädagogik an der Universität Göttingen. Sie arbeitete als freiberufliche Medienpädagogin, als Dozentin und in der Erwachsenenbildung. Von 1994 bis 2001 leitete sie die Geschäftsstelle der FSF. Seit 2001 ist sie Leiterin der FSF-Programmprüfung und hauptamtliche Vorsitzende in den Prüfausschüssen.
Christina Heinen studierte Soziologie und absolvierte ihr Volontariat an der Journalistenschule der Evangelischen Medienakademie in Berlin. Sie arbeitete als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Medienthemen, Film- und Fernsehkritik und ist seit 2004 hauptamtliche Prüferin bei der FSF.
medius 2014
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch der medienpädagogische Preis medius verliehen.
Gemeinsam mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und dem Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) vergibt die mabb den medius, einen Preis für innovative, wissenschaftliche und praxisorientierte Abschlussarbeiten. Der Preis konzentriert sich auf den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis und fördert interdisziplinäre und internationale Perspektiven.
Informationen zu den Preisträgern und ihren Abschlussarbeiten finden Sie hier.