Europäisches Gericht entscheidet zur Förderung des digitalen Antennenfernsehens in Berlin Brandenburg
und zeigt dabei erhebliche Defizite des europäischen Rechtsschutzes
Sechs Jahre nach Abschluss des Umstiegs auf digitales Antennenfernsehen in Berlin und Brandenburg hat das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG I) heute die Klage des Bundes, der mabb, und des lokalen TV Fernsehsenders FAB gegen die Untersagungsentscheidung der EU-Kommission zur Förderung der Einführung des digitalen Antennenfernsehens in Berlin und Brandenburg abgewiesen.
Die mabb hatte den weltweit ersten harten Umstieg von der analogen auf die digitale Verbreitung des Antennenfernsehens in Berlin und Brandenburg als Pilotprojekt seit 2003 mit insgesamt 2 Millionen € gefördert. Die Förderung und eine im Gegenzug vereinbarte Sendeverpflichtung waren Voraussetzung für den Erfolg des Umstiegs, um den privaten Rundfunkveranstaltern einen Anreiz zu geben, den terrestrischen Weg für eine Mindestdauer von fünf Jahren in digitaler Form zu erproben, statt ihn aufzugeben. Die Fernsehhaushalte mussten sich zum Empfang eine Set-Top-Box kaufen, die damals mindestens 200 € kostete, und sollten sich verlässlich auf ein attraktives Gesamtangebot einstellen können. Die Förderung war Ende 2005 von der EU-Kommission aus beihilferechtlichen Gründen untersagt und eine Rückzahlung der Fördergelder angeordnet worden. Gegen diese Entscheidung erhoben die mabb, der Bund und der – inzwischen insolvente – Berliner TV Sender FAB Anfang 2006 Klage. Nicht beanstandet wurden die finanzielle Unterstützung der Kommunikationsmassnahmen und die Maßnahmen zur sozialverträglichen Gestaltung. Der Erfolg der Umstellung in Berlin-Brandenburg war Grundlage für weitere Umstiegsvereinbarungen in anderen Ländern. 2008 wurde das analoge Antennenfernsehen ganz abgeschaltet.
Weil DVB-T erfolgreicher war als erwartet und sich überregional durchgesetzt hat, haben die Veranstalter weiter terrestrisch gesendet, auch ohne die durch die Entscheidung der Kommission suspendierte Verpflichtung. Aus dem nun möglichen internationalen Vergleich wird deutlich, dass Deutschland den Umstieg mit viel geringerem Einsatz öffentlicher Mittel geschafft hat als andere Mitgliedstaaten.
Der Direktor der mabb, Dr. Hans Hege, sieht in der heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichts gravierende Defizite im europäischen Rechtschutz. „ Die Landesmedienanstalten verfügen als unabhängige Regulierer über eine weitgehende Autonomie, weshalb ihnen auch vom Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Klagebefugnis zugesprochen wurde“, erläutert Dr. Hege. „Die mabb hat die Einführung des digitalen Antennenfernsehens und ihre Förderung im Rahmen der Gesetze autonom durchgeführt. Sie hat das Förderkonzept entwickelt, Verhandlungen mit den betroffenen Unternehmen geführt, entsprechende Vereinbarungen mit ihnen getroffen und die Fördersummen bestimmt und ausgezahlt.“
Die mabb wird in den nächsten Wochen in Abstimmung mit den anderen Landesmedienanstalten prüfen, ob sie gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen wird.
Ironischerweise führt die Abweisung der Klage dazu, dass die mabb die für die Förderung vorgesehenen Gelder noch einmal ausgeben kann. Sie wird dies - soweit möglich - in einer Weise tun, die den ursprünglichen Zielsetzungen der Förderungsverträge unter den heutigen veränderten Bedingungen entspricht.