Stand des Ausschlussverfahrens gegen den Sendeverantwortlichen für Radio Germania im Offenen Kanal
Der Medienrat hat sich in seiner Sitzung am 28. Januar 2000 mit dem derzeitigen Stand der Überprüfung der Sendung von Radio Germania am 29. Oktober 1999 befasst, insbesondere mit dem Ergebnis der Anhörung des Sendeverantwortlichen, Mike Penkert.
Der Medienrat hatte das Überprüfungsverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, dass die Sendung durch ein Lied den Straftatbestand des § 130 StGB erfüllte (Volksverhetzung).
Für die Dauer des Überprüfungsverfahrens hatte die Medienanstalt entsprechend der Satzung zum Offenen Kanal den Nutzer von weiteren Sendungen im Offenen Kanal ausgeschlossen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat den dagegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes am 21. Januar 2000 zurückgewiesen. Anders als in verschiedenen Pressemeldungen dargestellt, hat sich das Verwaltungsgericht ausschließlich mit der Verfahrensfrage be-fasst, ob während der Prüfungen der Ausschluss zulässig sei, nicht mit der inhaltlichen Frage, ob die Sendung selbst zu beanstanden und daraus die Folgerung zu ziehen sei, den Antragsteller auf Dauer vom Offenen Kanal auszuschließen. Dem Medienrat müsse Gelegenheit zur entsprechenden sachlichen Prüfung gegeben werden.
Bei dieser Prüfung hat der Medienrat nun festgestellt, dass das betreffende Lied nur in Teilen mit demjenigen übereinstimmt, bei dessen Fassung auf einer CD ein Verstoß gegen § 130 StGB festgestellt worden war. Ein gegen Juden gerichteter Textteil war in der konkreten Sendung nicht enthalten, auf diesem allerdings beruhte die strafrechtliche Bewertung.
Damit ist das Überprüfungsverfahren allerdings nicht abgeschlossen. Neben der Gesamtbewertung der Sendung unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Strafvorschriften und der Programmgrundsätze bedarf insbesondere die Verbindung von Radio und Internet der weiteren Überprüfung.
Die in der Zwischenzeit vorgenommenen Auswertungen des Medienverbundes, den Radio Germania mit einem Internetangebot desselben Titels und Verbindungen zu anderen rechts-extremistischen Inhalten und Äußerungen herstellt, haben den Medienrat veranlasst, das Prü-fungsverfahren auf diese neuen Fragestellungen zu erweitern.
In der betreffenden Sendung von Radio Germania wurde auf das Internetangebot hingewiesen. Dieses Angebot macht selbst den engen Zusammenhang zwischen Radiosendung und Internet deutlich, auch den organisatorischen Zusammenhang mit anderen rechtsextremistischen Angeboten des „nationalen Medienverbandes“.
Nach derzeitigem Prüfungsstand besteht der dringende Verdacht, dass der Hinweis auf das Internetangebot geeignet ist, durch eine entsprechende Nutzung Kinder oder Jugendliche offen-sichtlich sittlich schwer zu gefährden. Eine entsprechende Sendung ist unzulässig, unabhängig von der Sendezeit.
Die Verantwortlichen versuchen zwar, sich im Internetangebot formal von Inhalten zu distanzieren, die über die Grenzen hinausgehen, die nach entsprechender rechtskundiger Beratung in den Sendungen von Radio Germania in der Regel gerade noch eingehalten werden. Es ist jedoch zu prüfen, ob dies die Verantwortlichkeit wirklich ausschließt, wenn es erkennbarer Sinn des Angebotes ist, eine gemeinsame extreme Weltanschauung zu präsentieren.
Während der weiteren Dauer des Überprüfungsverfahrens bleibt der Verantwortliche von der Nutzung des Offenen Kanals ausgeschlossen. Er hat Gelegenheit, zu den neuen Gesichtspunkten und der Folge des dauernden Ausschlusses vom Offenen Kanal Stellung zu nehmen.
Die MABB wird die für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen in Internetangeboten zuständigen Stellen um eine Überprüfung des Internet-Auftrittes von Radio Germania bitten. Auch in Mediendiensten sind Angebote unzulässig, die offensichtlich geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Die Medienanstalt selbst ist für die Aufsicht über Me-diendienste nicht zuständig.