Leben und Berichten im Exil – Integrationsprojekte der mabb
- mabb bietet Integrationsvolontariat für Nachwuchsjournalisten mit Fluchthintergrund an
- Willkommensportal für Geflüchtete ist online
- Podiumsdiskussion „Wie finden Menschen mit Fluchthintergrund einen Weg in deutsche Medien?“
Berlin, 12. Juli 2017. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat ihre Integrationsprojekte präsentiert: Seit Mai dieses Jahres veranstaltet die mabb ein Integrationsvolontariat. Drei Nachwuchsjournalisten mit Fluchthintergrund absolvieren bei ALEX Berlin und bei Kooperationspartnern wie u. a. FluxFM, bild.de, n-tv, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), der Deutschen Welle und der taz in 18 Monaten eine trimediale, praxisorientierte journalistische Ausbildung. Im Programm enthalten sind fachspezifischer Deutschunterricht bei den Berlitz Sprachschulen und journalistischer Unterricht bei der Evangelischen Journalistenschule.
„Ziel ist“, so Prof. Dr. Hansjürgen Rosenbauer, Vorsitzender des mabb-Medienrats, „dass die Volontäre eine qualifizierte Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt finden. Wir möchten dazu beitragen, dass Menschen, die zu uns kommen, nicht nur in die Gesellschaft integriert werden, sondern sich zurechtfinden und selbst eine Stimme in den Medien haben. Vielfalt ist etwas, das uns allen zugutekommt: Je mehr Vielfalt in den Redaktionen, desto mehr Verständnis für Ereignisse und deren Hintergründe.“
Staatssekretär Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei Berlin, begrüßte das Engagement der mabb und wies auf die wesentliche Rolle von Arbeit, Bildung und Sprache für die Integration von Menschen und darauf hin, dass es entscheidend sei, Ausbildung für Geflüchtete in der Medienwelt möglich zu machen. Böhning betonte: „Es ist wichtig für die Gesellschaft, dass in den Medien auch von Geflüchteten geschrieben wird und nicht nur über sie.“
Hiba Obaid, Ahmad Wali Temori und Jamal Ali haben im Rahmen ihres Volontariats bei ALEX bereits Beiträge u. a. über die MEDIA CONVENTION Berlin und den Karneval der Kulturen produziert. Sie schreiben über Fake News und gestalten Kurzfilme, Features und Radiosendungen. Weitere Informationen über die Volontäre und das Integrationsvolontariat finden Sie hier.
Willkommensportal macht relevante Inhalte für Neuankommende leichter auffindbar
Das Willkommensportal ist das zweite Integrationsprojekt der mabb. Es bündelt deutsche, arabische und englische Medienangebote für Geflüchtete auf einer Internetseite. Bereits bestehende Informations-, Service, Sprach- und Nachrichtenangebote professioneller Anbieter (u. a. ARD, ZDF, Correctiv, Goethe-Institut, Refugee Guide, n-tv, Konrad-Adenauer-Stiftung, Huffington Post) werden durch Aggregation in das Willkommensportal integriert. Darüber hinaus sind besonders relevante Dienstleistungen (z. B. arabisch sprechende Ärzte oder freie WLAN-Angebote) auf einer Landkarte von Berlin eingezeichnet.
Wie finden Menschen mit Fluchthintergrund einen Weg in deutsche Medien?
Diese Frage stellte Moderatorin Ebru Taşdemir (Neue deutsche Medienmacher) im Anschluss an die Präsentation der mabb-Integrationsprojekte an Lorenz Maroldt (Chefredakteur, Der Tagesspiegel), Canan Bayram (Sprecherin für Migrations-, Integrations- und Flüchtlingspolitik, Bündnis 90/Die Grünen Berlin), Alena Jabarine (Journalistin, NDR/WDR), Dr. Michael Rediske (Vorstandssprecher, Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit) und Jaafar Abdul Karim (Journalist, Deutsche Welle/Spiegel Online).
Lorenz Maroldt betonte, wie wichtig es sei, Geflüchtete aktiv anzusprechen und in die Redaktionen aufzunehmen: „Integration funktioniert nicht, indem man wartet. Man muss selbst raus gehen.“ Michael Rediske ergänzte: „Und es muss mehr Möglichkeiten geben, dass die Menschen, die zu uns kommen, auch arbeiten können.“ Es müsse Einstiege geben, die niedrigschwelliger sind. Gut seien spezifische Volontariate, wie das der mabb, bei dem beispielsweise nicht von Beginn an die perfekte Beherrschung der Sprache Deutsch vorausgesetzt werde. Für solche und auch andere Projekte bräuchte es langfristig finanzielle Unterstützung unterschiedlicher Institutionen.
Jaafar Abdul Karim hielt fest, dass es oft schon ein erster Schritt sei, die Journalisten in den Menschen zu sehen und nicht nur die Flüchtlinge. Und Alena Jabarine erklärte: „Redaktionen müssen verstehen, dass Geflüchtete Teil dieser Gesellschaft sind und inwieweit sie davon profitieren können.“ Umgekehrt müssten sich die Geflüchteten aktiv einbringen, so Jaafar Abdul Karim, Initiative zeigen und die Möglichkeiten als mehrsprachiger Redakteur deutlich herausstellen. Dabei waren sich alle Beteiligten einig, dass die Geflüchteten nicht auf Sprachkenntnisse und auf Wissen über z. B. Gebräuche, Geschichte oder Gesellschaft der Länder eingeschränkt werden sollten. Sie sollten sich wie alle Journalisten auf Themen spezialisieren. Deswegen seien Ausbildungen wie das mabb-Volontariat wichtig, dort können die Volontäre verschiedene Bereiche kennenlernen.
Auch die vielen bürokratischen Hürden und der damit verbundene ungeklärte Aufenthaltsstatus vieler Geflüchteter wurden angesprochen. Oft könnten diese nicht langfristig in den Redaktionsalltag integriert werden, da sie keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Lorenz Maroldt wünschte sich ein etwas unbürokratischeres Verhalten, was auch Canan Bayram unterstützte: „Mein Wunsch wäre, dass wir diese teilweise veralteten aufenthaltsrechtlichen Regelungen an die Einwanderungsgesellschaft anpassen, die längst Realität in Deutschland geworden ist. Das würde eine Kraft in der Gesellschaft frei setzen und wir würden einen großen Schritt weiter kommen.“
ALEX Berlin hat die Veranstaltung live ausgestrahlt. Die Beiträge können im YouTube-Channel von ALEX abgerufen werden.
Über ALEX Berlin – Ein Ort der mabb für Netzwerk und Austausch
ALEX Berlin ist eine Einrichtung der mabb und bietet als Kreativ- und Partizipationsplattform ungewöhnliches Programm für eine außergewöhnliche Region im TV, Radio und Internet an. Menschen können bei ALEX Medien erleben und sie selbst crossmedial gestalten. Darüber hinaus begleitet ALEX regionale Veranstaltungen von gesellschaftspolitischer Relevanz mit Produktionsteams, die aus Studierenden und Auszubildenden aus dem Medienbereich bestehen. www.alex-berlin.de